• (Platz)Not macht erfinderisch

    In Velo-Abstellräumen zeigt sich, wie vielseitig die Mobilität von Erwachsenen und Kindern heutzutage ist. Die Kehrseite der mobilen Freiheit: Es droht Chaos. In der Siedlung Am Katzenbach in Zürich-Seebach schufen einige Bewohner mit wenig Geld und kreativen Lösungen nachhaltig Ordnung.

    (Platz)Not macht erfinderisch

    Was gibt es heutzutage nicht alles, um sich fortzubewegen? Trottinette, Kick- und Skateboards, Dreiräder, Inline-Skates und natürlich ganz normale Velos unterschiedlicher Grösse sowie schwere E-Bikes. Sie alle müssen irgendwo abgestellt werden. Und nicht überall wurden die Velo- oder Kinderwagenabstellräume auf diese vielseitigen Bedürfnisse und Möglichkeiten ausgerichtet. Es überrascht deshalb nicht, dass etliche Abstellräume – in unseren Genossenschaftshäusern – ihrer Funktion nur noch bedingt gerecht werden: anstatt Ordnung und Übersicht herrscht Chaos. Wer schnell sein Velo rausholen möchte, muss zuerst kreuz und quer stehende Gefährte zur Seite schaffen – und verpasst unter Umständen den Zug.

    Auch in der Siedlung Am Katzenbach in Seebach kannten die Bewohnerinnen und Bewohner dieses Übel. Abhilfe schuf eine Initiative der AG Nachbarschaft: «Gibt es in eurem Velo-/Kinderwagenraum auch Optimierungspotenzial?» fragte die Siedlungsinterne AG Nachbarschaft 2018 auf Flyern, die sie in allen Häusern der Siedlung aufhängte. Daraufhin folgte ein Ideenaustausch mit denen, die sich gemeldet hatten, und schliesslich eine Eingabe an den Fachbereich Zusammenleben, welcher ein Budget von 250 Franken pro Haus bewilligte.

    «Das ist nicht gerade viel Geld», dachte Ranjan Benz, nachdem er sich einen Überblick über das Angebot an Aufhängevorrichtungen für Velos  und andere Mobile verschafft hatte. In dem zwar hohen, aber sehr schmalen Raum seines Hauses wäre eine Fahrrad-Aufhängelösung mit Flaschenzug optimal gewesen, aber nur schon eine einzige davon hätte das Budget bei weitem übertroffen.

    Auch Martin Brand, Rebecca Sanabria und Katja Sommer schluckten erstmal leer, als sie erfuhren, dass nicht mehr Geld zur Verfügung stand. Aber jetzt, nach Vollendung ihrer Projekte, sind sie alle glücklich. Warum? Martin Brand: «Wir konnten individuell, jeder für sich, überlegen, wie wir es lösen wollen. Diese Freiheit war toll!» Der Werklehrer zimmerte aus Holz Abstellvorrichtungen und Ablagen für Trottinette, Kickboards und Fahrräder und auch eine Ablage für Helme. Perfekt an die räumlichen Gegebenheiten des Abstellraums in seinem Haus angepasst.

    Rebecca Sanabria fand die für ihr Haus passende Lösung zusammen mit ihren Nachbarn in einem Möbelgeschäft: «Günstige Regale, die wir den individuellen Bedürfnissen anpassen können – heute den aktuellen, morgen wieder anderen», erzählt sie. Ranjan Benz seinerseits musste zwar auf die von ihm bevorzugte Lösung eines überdeckten Aussenabstellplatzes für Fahrräder verzichten – sie hätten das Budget bei weitem überstrapaziert – aber dafür konnte er kreativ werden: «Ich überlegte mir, was wir in welcher Anzahl brauchen für die verschiedenen Fahrzeuge, ging auf die Suche und wurde schliesslich in günstigen Haken im Baumarkt und bei einem Velo-Infrastruktur-Anbieter fündig. Dann widmete ich mich mit dem Bohrer den Mauern.» Er schmunzelt und ergänzt: «Das hat grossen Spass gemacht.»

    Zufrieden sind sie am Schluss alle. «Weil wir diese Freiheit hatten, individuelle Lösungen zu erarbeiten. Und weil das Resultat überzeugt», sagt Benz – und die andern stimmen ihm ohne Wenn und Aber zu. Rebecca Sanabria empfiehlt allen, die ein ähnliches Vorhaben haben: «Bedenkt, dass die Kinder schnell wachsen. Dass das Dreirad bald einmal aus dem Weg ist, die Trottis grösser werden, die Velos ebenfalls. Es macht also Sinn, die Ordnungshilfen im Raum so zu wählen, dass sie flexibel den wechselnden Bedürfnissen angepasst werden können.»

    www.bg-glattal.ch/zusammenleben/mitwirken/