• Ein Flughafen-Tower als Kletterturm

    Von der Idee bis zum Bau: Der Spielplatz in der Siedlung Pfaffenlebern ist gemeinsam mit den Kindern, die ihn nutzen werden, entstanden.

    Ein Flughafen-Tower als Kletterturm

    Noch liegen die Bretter einfach auf einem Haufen da. Bewohnerinnen und Bewohner der BGZ-Siedlung Pfaffenlebern und ihre Kinder stehen an einem Samstagmorgen mit gespitzten Ohren darum herum. Der Erschaffer nicht ganz kommuner Spielplätze, Jerry Wyssmann, erklärt, was in den nächsten Stunden passieren wird: «Die Bretter tragen wir hinüber zur bereits errichteten Grundkonstruktion fürs Flugzeug. Nebeneinander darauf hingelegt, werden sie zu dessen Flügeln.» Die Zuhörenden nicken und wollen gleich loslegen. Aber Moment noch! Neben den am Boden liegenden Brettern steht ein riesiger Transportsack. Wyssmann erklärt: «Er ist mit Holzschnitzeln von Aarberger Weisstannen gefüllt.» Später werden mehrere Anwesende den Sack zu Fall und die Schnitzel anschliessend mit Karetten zum Flugzeug bringen – sie werden dort als Fallschutz-Bodenbelag dienen. Denn das Flugzeug ist in erster Linie ein Klettergerät aus Holz. Und eines von drei Elementen auf dem Spielplatz der Siedlung, der unter Mitwirkung von Kindern der Siedlung und ihren Eltern entsteht.

    Ein gutes Dutzend Kinder war schon zu Beginn des Prozesses involviert, als es darum ging, was für Geräte überhaupt gebaut werden sollen. Die BGZ verteilte an einer ersten Versammlung Blätter und Stifte – sofort fingen die Kinder an zu malen. «Da kamen ganz viele Ideen zusammen», erzählt Siedlungsbewohner Agron Mustafai, der in der Arbeitsgruppe «Spielplatz» mitwirkt. Viele der Ideen seien aus Budget-, Platz- oder Unterhaltsgründen zwar nicht umsetzbar gewesen. Das Flugzeug und ein Flughafen-Tower mit Rutschbahn aber schon, zu diesen Kletterelementen wünschten sich die Kinder auch einen Sandkasten. Bei der Umsetzung fuhren Eltern und BGZ dann vorerst ohne die Kinder weiter – bis zu jenem Tag im Frühsommer, wo sich eine Gruppe Grosser und Kleiner um die Bretter versammelt hat und Jerry Wyssmann zuhört.

    Der Berner ist Gründer der Firma Krummholz, die auf individuelle Spielgeräte in Massivholz spezialisiert ist. Gelernt hat er Schreiner und Primarlehrer – und so kommt es nicht von ungefähr, dass viele der Spielplätze von Krummholz partizipativ entstehen, was so viel heisst wie: gemeinsam mit den Kindern, die ihn nutzen werden, sowie mit ihren Eltern oder Lehrpersonen. Selbstverständlich kennt der Spielplatz-Bauer alle heute geltenden Sicherheitsbestimmungen, und er schätzt sie: «So haben wir klare Vorgaben und innerhalb dieser doch recht viele Freiheiten. Kinder sollen lernen, Höhe zu erleben, Risiken selber einzuschätzen und abschätzen zu können, wo sie selbständig wieder runter kommen und wo nicht.

    Was das Bauen betrifft, so hätten Kinder immer gute Ideen, sagt Wyssmann nach neun Jahren Erfahrung, «und wenn man ihnen ein paar Leitplanken gibt, erdenken sie Machbares.» Ist eine Idee ausgereift, kümmert sich Krummholz um den Rest: Die Geräte zeichnen und bis ins letzte Detail planen, inklusive der Sicherheitsvorkehrungen, die zum Beispiel auch ermöglichen, dass Kinder nur ihrer Grösse und Fähigkeiten entsprechend auf eine bestimmte Höhe klettern können. Sie erstellen dann auch das Baugesuch und verantworten schliesslich das eigentliche Bauen – das dann wiederum ein Miteinander-Erlebnis sein soll. Für den neunjährigen Damiano und seinen jüngeren Bruder Diego ist es das. Soeben haben sie die Bretter des Flugzeugflügels eins neben dem andern hingelegt und festgeschraubt und nun füllen sie die Bodenvertiefung unter dem Flugzeug weiter mit den Fallschutz-Schnitzeln auf. Den eigenen Spielplatz mit aufbauen, selber anpacken – Damiano findet das «mega cool». Er und auch die kleineren Kinder, die mithelfen (der Spielplatz ist für Kinder bis etwa 12 Jahren konzipiert), werden sich im steten Bewusstsein auf den Geräten bewegen, dass sie diesen hochwertigen Spielplatz eigenhändig miterdacht und -erschaffen haben.

    Mit Wohnbaugenossenschaften hat Krummholz zuvor noch kaum zusammengearbeitet und auch für die Region Zürich ist der Spielplatz in der Siedlung Pfaffenlebern beinahe der Erste dieses innovativen Berner Kleinunternehmens. «Es soll nicht der letzte bleiben», sagt René Fuhrimann vom Fachbereich Zusammenleben begeistert vom bisherigen Prozess und was die Kinder und auch die Eltern erwartet: «Wir planen künftige Spielplatz-Projekte so, dass Kinder praktisch aller Altersgruppen an den einzelnen Elementen spielen können.» Und diese sollen nicht in der ganzen Siedlung verteilt stehen, sondern nah beieinander, denn: «Der Spielplatz einer Siedlung ist ja auch Treffpunkt, ein Ort des Austauschs. Ein Ort des Zusammenlebens.»